Das Erbschaftsfundraising stellt eines der größten Felder der Spendengenerierung für Non-Profit Organisationen (NPO) dar. Tatsächlich können sich über 50 % der Deutschen ohne Kinder vorstellen, ihr Erbe oder einen Teil davon an eine NPO zu spenden*. Dennoch schrecken viele Organisationen, besonders kleinere, davor zurück, aktiv Erbschaftsmarketing zu betreiben. Woran das liegt? Dafür gibt es mehrere Gründe – hier die häufigsten Gegenargumente:
- mangelnde personelle Kapazitäten
- fehlende Expertise
- Angst vor dem Umgang mit einem sensiblen Thema
- langer Zeitraum bis zum sichtbaren Erfolg der Maßnahmen
Sollten diese Punkte auf Sie und Ihre Organisation zutreffen, kann es sein, dass Ihre Institution noch nicht „ready“ für Erbschaftsfundraising ist. Dennoch lohnt es sich, die eigene Organisation immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, um die eigene Institutional Readiness zu kontrollieren.
Falls Sie mit dem Gendanken spielen, sich dem Erbschaftsmarketing zuzuwenden, ist es wichtig, dass Ihre Organisation folgende Punkte berücksichtigt:
„Würden Sie Ihr Erbe oder einen Teil Ihres Erbes einer gemeinnützigen Organisation hinterlassen?“ *
Deutsche über 50 Jahren mit Kindern
kinderlose Deutsche über 50 Jahren
1. Das Thema der Vergänglichkeit
Ja, kaum jemand spricht gerne über seinen Tod und auch nicht über sein Geld, somit liegen dem Nachlass-Fundraising schon mal ein paar Steine im Weg. Der Tod ist jedoch ein Teil unseres Lebens. Daher: Machen Sie sich die intrinsische Motivation Ihrer (treuen) Spender:innen bewusst. Denn viele Menschen erhoffen sich auch nach ihrem Ableben, die Welt positiv beeinflussen zu können. Wichtig ist ein sensibler Umgang und der nötige Respekt gegenüber den potenziellen Nachlassgeber:innen.
Wenn Sie folgende Fragen mit „Ja“ beantworten können, ist das bereits ein wichtiger Schritt, um mit der Ansprache Ihrer Spender:innen zu beginnen:
- Ist Ihnen Ihre eigene Zielsetzung und Vision bewusst? (=Vision, Mission, Strategie).
- Kennen Sie Ihre Spender:innen und deren Motivation zu spenden? Tipp: Entwickeln Sie Personas, dadurch können Sie abschätzen, welche Personen möglicherweise an einem sozialen Engagement über ihren Tod hinaus interessiert sind. Wichtig hierfür ist das Vorhandensein einer detaillierten Spenderdatenbank, das Wissen über die Kontakte sowie eine gewisse Anzahl an bestehenden Spender:innen.
- Haben Sie gut ausgebildetes Personal? Für eine Erbschaftsfundraisingkampagne brauchen Sie Kommunikationsprofis –Menschen, die das sensible Thema mit passenden Formulierungen und Bildsprache angehen können.
Falls Sie beim ein oder anderen Punkt noch unsicher sind, ist das jedoch kein Grund, das Thema Tod und Vermächtnis gleich wieder ganz von der Agenda zu streichen. Der Tod ist kein Tabu und es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Spender:innen sich auch über den Tod hinaus engagieren möchten. Hier empfiehlt es sich allerdings, zuerst die offenen Fragen zu klären, bevor Sie mit einer konkreten Strategieplanung beginnen.
2. Mangelnde Kapazitäten und fehlende Expertise
Nachlassfundraising ist sinnvoll, wenn die nötigen Kapazitäten vorhanden sind: personell wie auch finanziell und nicht nur für den Aufbau und die Strategieumsetzung, sondern auch für die operative Umsetzung von Mailings, Broschüren und Veranstaltungen. Wenn Sie dies allein (zu Beginn) nicht stemmen können, gibt es aber auch darauf spezialisierte Agenturen, die Sie unterstützen können.
Eine Grundvoraussetzung für erfolgreiches Erbschaftsmarketing ist darüber hinaus die Tätigkeit in anderen Fundraisingbereichen, bzw. Know-How in den bestehenden Kommunikationskanälen wie Printanzeigen, Mailing sowie Online.
Meistens scheitert es aber nicht an den Kapazitäten der Fundraiser:innen, sondern an dem Respekt vor der Nachlassabwicklung. Vor diesem Bereich schrecken viele NPO zurück, da es ihnen hier an Erfahrung fehlt. Aber auch in diesem Gebiet können Sie auf professionelle Unterstützung zurückgreifen: Es gibt viele Rechtsanwält:innen, welche sich auf die Nachlassabwicklung von NPOs spezialisiert haben. Sie arbeiten meist gegen einen prozentualen Anteil des Nachlasses. Dies ist für den Beginn eine gute Lösung, langfristig sollten Sie aber mit Blick auf die Kosten den Aufbau einer eigenen Nachlassabwicklungsabteilung in Betracht ziehen. Langfristig wird es sich auszahlen, wenn Sie Zeit und Geld in die nötige Grundstruktur investieren. Was uns nahtlos zum nächsten Punkt bringt …
3. Der lange Weg zum Erfolg
Bis das Erbschaftsfundraising zum (messbaren) Erfolg führt, können viele Jahre vergehen. Es braucht sehr viel Zeit bis nach den ersten Maßnahmen auch die ersten Nachlässe bei Ihnen eingehen.
Wenn Ihre NPO diese Zeit und die damit verbundenen finanziellen Mittel (noch) nicht investieren kann, sollten Sie sich überlegen, ob Erbschaftsmarketing (zum jetzigen Zeitpunkt) der richtige Weg für Ihre Organisation ist. Ein ambitionierter Start, der im Laufe der Zeit leider verpufft, schadet sowohl Ihrer eigenen Motivation wie auch Ihrer Organisation. Es braucht schlichtweg einen langen Atem, bis sich Erfolge abzeichnen.
Wenn Sie jedoch langfristig Ihre Organisationszwecke erreichen möchten, sollten Sie sich eine fundierte Fundraising-Strategie aufbauen und an Ihrer Institutional Readiness arbeiten. Auf lange Sicht wird sich Ihre Arbeit bezahlt machen.
In Kürze…
Erbschaftsfundraising könnte der richtige Weg für Sie sein, wenn:
- Vision, Mission und Zielsetzung definiert sind
- Eine bestehende Spenderbasis und breites Wissen über diese vorhanden sind
- Geschultes und für das Thema sensibilisiertes Personal vorhanden ist
- Know-how im allgemeinen Fundraising-Bereich vorhanden ist (Mailings, Media, Online, ect.)
- Zeit und Budget vorhanden sind, um eine Strategie aufzubauen oder wahlweise die Hilfe von Dienstleistern hinzuzuholen (dies ist aber auch immer eine Kostenfrage!)
- Kurzfristige finanzielle Erfolge nicht im Vordergrund stehen, sondern die Möglichkeit besteht, heute in spätere Erfolge zu investieren
Weitere Informationen rund um das Thema Nachlassfundraising finden Sie hier.
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Quellen
* GFk, Studie zur Bereitschaft des gemeinnützigen Vererbens in Deutschland, Januar 2020
Bilder: R. Patel / Unsplash, M. Bannett / Unsplash